Dr. Matthias Wermke (Frankfurt am Main): "Zwischen Heine und Marx − Deutsch in China"
Weltweit befindet sich das Deutsche auf dem Rückzug. Nicht so in China. Dort wächst die Zahl derer, die Deutsch als zweite Fremdsprache lernen, stetig, und das, obwohl Deutsch als eine der "kleinen Sprachen" gilt. Das Interesse der jungen Chinesen an Deutschland ist generell groß. Fragt man Studienanfänger, warum sie Deutsch studieren, antworten sie: "Wir lieben Deutschland." Lässt man sie berühmte Deutsche aufzählen, nennen sie Heinrich Heine, Angela Merkel und Wolfgang Amadeus Mozart. Über Letzteres würden sich eingefleischte Österreicher ärgern. Karl Marx haben sie eher nicht auf dem Radar.
Ausgehend von der allgemeinen Lage des Deutschen in China, befasst sich der Vortrag mit den Bedingungen des Deutschstudiums im "Reich der Mitte" und den Herausforderungen, die ein solches an Studierende und Lehrende stellt. Vor allem Lehrkräfte aus Deutschland müssen sich auf deutlich mehr einstellen als auf die Art und Weise, wie sie deutsche Grammatik vermitteln oder die Studierenden zum Reden bringen wollen. Fachliche, organisatorische und kulturelle Aspekte des Lehrens und Lernens bilden eine ganz eigene Gemengelage, mit der richtig umgegangen sein will. Für denjenigen, der sich mit der passenden Einstellung dieser Aufgabe stellt und für die kulturellen Unterschiede sensibilisiert ist und sich entsprechend verhält, kann das Deutschlehren in China zu einer wunderbaren Erfahrung werden, die auch mit Blick auf die Lernenden und die Kolleginnen und Kollegen mehr ist, als nur ein Dienst an der deutschen Sprache.
Dr. Matthias Wermke (*1956) war von 2011-2014 Gastdozent an der Deutschabteilung der East China Normal University in Shanghai. Er ist Co-Autor von: Song Jianfei (Hauptautor), Pang Wenwei, Wang Yingpin, Matthias Wermke: 中德跨文化口译教程 Chinesisch-deutsches Konsekutivdolmetschen − Ein Lehrwerk aus interkultureller Perspektive. Beijing 2015.