Prof. Dr. Johannes Kramer (Trier): "Eine iberoromanische Sprache Kreolsprache unter germanischem Einfluss: das Papiamento"
Vor der Küste Venezuelas liegen drei kleine niederländische Inseln (Aruba, Bonaire, Curaçao), auf denen seit dem 17. Jahrhundert eine iberoromanische Kreolsprache, das Papiamento, gesprochen wird. Der Ursprung der Sprache hängt mit dem Sklavenhandel zusammen: Sklaven aus dem Westen Afrikas wurden von Händlern, Seesoldaten und Seeleuten, deren gemeinsame Verständigungssprache das vereinfachte Handelsportugiesische war, nach Curaçao gebracht, das etwa ab 1660 der Hauptumschlagplatz von Sklaven für den karibischen Raum war. Die Sklaven, die als Haussklaven und Ackerbausklaven, nicht aber als Plantagensklaven, in Curaçao blieben, kamen unter den Einfluss des Spanischen, das ein Amalgam mit dem Handelsportugiesischen einging. Die Niederländer, Herren von Curaçao seit 1634, verständigten sich mit ihren Sklaven in der lingua franca Handelsportugiesisch mit spanischem Einschlag, aber natürlich flossen von Anfang an niederländische Elemente und vor allem Redeweisen ein. Eine starke Vereinfachung der grammatischen Strukturen führte zur iberoromanischen Kreolsprache Papiamento. Heute sprechen alle Einheimischen, ob weiß, ob schwarz, auf Curaçao (und auf Aruba und Bonaire, die im 18. Jh. von Curaçao aus besiedelt wurden) Papiamento, aber die germanische Prägung ist deutlich greifbar: Etwa ein Drittel des Wortschatzes hat eine germanische Etymologie, und so typisch germanische Verbindungen wie Verb und Verbzusatz (lanta riba ‘aufstehen’, cay for di otro ‘auseinanderfallen’, tira abou ‘herunterwerfen') oder Zusammensetzungen (morto cansa ‘totmüde’) sind ganz geläufig, und germanische Doppelbedeutungen (falsu ‘falsch; gemein', gay 'Hahn; Gewehrabzug'; cama ‘Bett; Blumenbeet') werden nachgemacht. Das Zusammengehen von Portugiesisch und Spanisch mit grammatischen Strukturen einer Kreolsprache und mit starkem niederländischen Einfluss sind die Ingredientien des Papiamento