Prof. Dr. Heinz Helmut Lüger (Landau) "Persuasion als medienlinguistisches Phänomen"
Persuasion ist mit verbaler Kommunikation untrennbar verbunden, man kann sie generell auch als „perlokutiven Zweck“ sprachlichen Handelns betrachten (Lenk 1991). Damit bezeichnet Persuasion die mit einer Äußerung, mit einem Text vom Sprecher/Autor intendierte Wirkung; diese kann Veränderungen bezüglich der Einstellung, der Motivation, des Wissens von Adressaten wie auch die potentielle Auslösung konkreter Handlungen betreffen. Natürlich sind solche Wirkungen in der Regel nicht direkt erreichbar, sondern setzen, je nach vorliegendem Zweck, den Einsatz bestimmter Mittel, Verfahren oder Strategien voraus – von daher wird einschränkend meist nur von „Bewirkungsversuchen“ gesprochen (von Polenz 1985).
Die Linguistik hat es hier folglich mit einem nicht immer leicht zu fassenden Gegenstand zu tun. Persuasivität ist nicht einfach eine Funktion sprachlicher Ausdrücke oder Konstruktionen; sie ergibt sich erst im kommunikativen Gebrauch, sie ist vom Textproduzenten nur begrenzt steuerbar und unterliegt verschiedenen kognitiven, sozialen oder psychischen Voraussetzungen auf seiten des Rezipienten (vgl. Lüger 2005).
Noch schwieriger wird die Zuschreibung von Persuasivität, wenn man Textbeispiele aus unterschiedlichen Kommunikationskulturen heranzieht und miteinander zu kontrastieren versucht. Denn trotz aller Internationalisierungstendenzen speziell in den Medien sind nationale oder gruppenspezifische Besonderheiten nach wie vor prägend. So heißt es beispielsweise, daß gerade in Meinungsbeiträgen französischer Journalisten Kriterien wie ,literarische Qualität‘, ,hohes Abstraktionsniveau‘, ,rhetorische Brillanz‘ tendenziell eine größere Rolle spielen als in deutschen Beiträgen: „Journalistische Textgattungen im Lande Voltaires lassen deutlicher als in Deutschland den literarischen Ursprung des modernen Journalismus erkennen.“ (Woltersdorff 2001: 35) Oder pointierter: „prickelnder Champagner“ versus „nüchternes Schwarzbrot“? (Preisinger 2004)
Vor diesem Hintergrund soll versucht werden, die Spreu tradierter Klischees vom Weizen belegbarer Aussagen zu trennen. Im Rahmen einer „kommunikativ orientierten Persuasionsstilistik“ (Hoffmann 1998) werden deutsche und französische Kommentartexte gegenübergestellt und hinsichtlich ihres persuasiven Potentials untersucht. Dabei kommen makrostrukturelle Faktoren ebenso in Betracht wie bestimmte Merkmale auf mikrostruktureller Ebene.